Michael Krupp
Messias
T·V·T (T
heologischer
V
erlag
T
übingen), 2018
226 Seiten, Paperback, Tübingen 20 Euro
ISBN:
Deutschland 978–3–929128–59–8
aus dem Vorwort:
„Die Untersuchung beginnt mit dem Alten Testament, behandelt dann die zwischentestamentliche Periode
einschließlich Qumran, fragt in einem neutestamentlichen Teil, ob Jesus sich als Messias verstanden haben mag,
und behandelt dann ausführlich die rabbinischen messianischen Vorstellungen.
Es schließen sich ein Abschnitt über die nachrabbinischen Vorstellungen zum Messias im Judentum an,
sowie ein Kapitel über jüdische Vorstellungen von der Person Jesu bis hin zur Bedeutung Jesu
im heutigen Israel.
Zum Schluss findet sich ein kurzer Überblick zur reichhaltigen Geschichte jüdischer Messiasbewegungen.“
INHALT
Vorwort 7
Einleitende Gedanken 9
Messias im Alten Testament 10
Die zwischentestamentliche Literatur 18
Messias und Endzeit in Qumran 22
Jesus der Messias im Neuen Testament 32
Messiasvorstellungen im Rabbinischen Judentum 40
Die Mischna 41
Der Messiasabschnitt in Sanhedrin 96b–99a 42
Weitere Stellen in der rabbinischen Literatur 57
Zwei Messiasgeschichten 79
Die Geburt des Messias in Bethlehem 79
Der Messias vor den Toren Roms 83
Die Messiaserzählung in der Polemik 86
Messiassehnsucht in der jüdischen Liturgie 89
Frühmittelalterliche Messias-Midraschim 92
Pesikta Rabbati (34–37) 92
Über den Messias und die Auferweckung der Toten 102
Das Buch Serubabel 110
Messias-Haggada 116
Die Zeichen des Messias 119
Über das neue Jerusalem 127
Schuss des Midrasch Wajoscha 129
Die Mysterien des Rabbi Schimon ben Jochai 131
Das Gebet des Rabbi Schimon ben Jochai 137
Jüdische Messias-Vorstellungen des Mittelalters 147
Saadja ben Josef al-Fajumi 147
Mosche ben Maimon (Maimonides) 154
Jüdische Stellungsnahmen zu Jesus 163
Jesus im Talmud 163
Toldot Jeshu – die jüdische Erzähllung von Jesus 170
Maimonides 171
Von der frühen Neuzeit bis zur Gründung des Staates Israel 173
Im vorstaatlichen Israel 184
Josef Klausner 184
Leo Baeck 186
Jesus in Israel 189
Martin Buber 190
Schalom Ben Chorin 191
Pinchas Lapide 192
David Flusser 192
Jesus in der israelischen Literatur 194
Amos Oz 195
Jesus in der jüdischen bildenden Kunst 201
Kein Prophet in seinem Land 204
Messianische Bewegungen 213
Schluss 222
Literaturverzeichnis 224
Rezension von Dr. Hans Maaß
in JCR 2018 - Jewish-Christian Relations
Einsichten und Anliegen des christlich-jüdischen Gesprächs
Das Buch ist aus vorbereitenden Materialien für
Fortbildungskurse in Bad Boll entstanden. Die Veröffentlichung verdankt sich
der Überlegung, es könne „für viele Leser hilfreich sein, den weit verzweigten
Stoff … hier gebündelt vorzufinden“. Es handelt sich also in erster Linie um
eine Quellensammlung zum Thema „Messias“ und beginnt mit biblischen Quellen.
Entsprechend lautet das erste Kapitel „Messias im Alten Testament“. Die
weiteren Kapitelüberschriften zeigen, wo und wie überall diese Thematik
relevant fassbar wird: „Messianische Gestalten und Erwartungen in der
zwischentestamentlichen Literatur“. Hier beschränkt sich Krupp allerdings auf
drei Texte, die er exemplarisch aus der Fülle des Materials herausgreift: Aus
den Psalmen Salomos zitiert er Kap. 17, das die sog. Natanverheißung auf den
endzeitlichen „Sohn Davids“ bezieht. Interessant ist an diesem Text, wie diese
messianische Gestalt beschrieben wird und welche Erwartungen hier für
Jerusalem und „das Volk des Herrn“ damit verbunden sind. Ein kurzer Ausschnitt
aus Henoch 71 und 4.Esra 7 runden dieses Kapitel ab, wobei das Henochbuch
allerdings vom „Menschensohn“ spricht, der ebenfalls als „messianische Gestalt“
anzusehen ist.
Sehr viel umfangreicher sind die Textbeispiele im Kapitel „Der
Messias und die Endzeit in Qumran“; dies ist wohl darin begründet, dass diese
in der nichtuniversitären Theologie inhaltlich weithin nicht genügend beachtet
werden, obwohl wir uns damit im unmittelbaren Umkreis des Neuen Testaments
befinden. Vor allem kann die Tatsache, dass nicht alle in Qumran belegten
Vorstellungen nur ein einziges Denkmodell repräsentieren, davor bewahren, sich
das Judentum zur Zeit Jesu zu homogen vorzustellen. Krupp zitiert dabei auch
Texte, die nur fragmentarisch erhalten sind, und stellt deren dadurch bedingte
begrenzte Aussagekraft heraus.
Das Kapitel „Jesus, der Messias, im Neuen
Testament“ müsste eigentlich lauten, „… in den Evangelien“; denn darauf
beschränkt sich Krupp, und zwar auf Erzählungen mit messianischem Charakter.
Besonders ausführlich geht er dabei auf einen Text ein, der in der Lutherbibel
„Der verdorrte Feigenbaum“ betitelt ist, und stellt überraschende Beziehungen
zu messianischen Vorstellungen im Judentum heraus. Unter den
„Messiasvorstellungen im rabbinischen Judentum“ verweist er auf den einzigen
Beleg in der Mischna. Natürlich darf aus dem Talmud Sanhedrin XI nicht fehlen,
das er in Sachgruppen nach bestimmten Fragestellungen übersichtlich gliedert.
Darauf beschränkt er sich jedoch nicht, sondern zitiert und kommentiert auch
Texte mittelalterlicher Rabbiner, denen z.T. anzumerken ist, dass sie aus der
Zeit nach dem Entstehen des Islam stammen. Außerdem führt er eine Fülle anderer
Texte aus unterschiedlichen Corpora an, die im allgemeinen schwer zugänglich
sind und ein interessantes Panorama der unterschiedlichsten Vorstellungen
bieten, die verschiedenen Richtungen des Judentums entwickelt wurden. Dies ist
für christliche Theologen gerade deshalb aufschlussreich, weil dadurch dem
Irrtum entgegen gewirkt werden kann, im Judentum habe es eine mehr oder weniger
genormte Messiasvorstellung gegeben. Dies kann auch helfen, neutestamentliche
„Christus-Stellen“ differenzierter zu betrachten. Erzählerische Messias-Texte
finden ebenso Berücksichtigung wie Messiaserzählungen in der Polemik und werden
ausführlich kommentiert. Selbst an die „Messiassehnsucht in der Liturgie
Israels ist gedacht.
Ausführlich geht Krupp auch auf die Messias-Thematik in
mittelalterlichen Midraschim ein, eine Textgruppe, die den meisten christlichen
Theologen unbekannt sein dürfte. Vom „Midrasch über den Messias und die
Auferweckung der Toten“ ist sogar die Titelseite abgebildet. An dieser Stelle
ist es umso bedauerlicher, dass Michael Krupp zwar am Ende des Bandes ein
Literaturverzeichnis, aber kein Schriftstellenverzeichnis angefügt hat; dies
würde den Nutzwert dieser Veröffentlichung noch erhöhen. Ich habe mir diese
Stellen in die elektronische Fassung meines Bibelstellenregisters zum Talmud
eingetragen. Ach die Messiasthematik in weiteren Midraschim aus der Zeit des
Hochmittelalters sind dokumentiert. Dabei fällt auf, dass teilweise die
gleichen Stellen wie im Neuen Testament zitiert, aber anders verstanden werden
ohne polemische Auseinandersetzung mit dem Christentum. Der jüdischen
Beschäftigung mit Jesus ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Damit begnügt sich
Michael Krupp jedoch nicht; ohne den Anspruch auf Vollkommenheit zitiert er
jüdische Stimmen zu Jesus „Von der frühen Neuzeit bis zur Gründung des Staates
Israel“, Texte von Joseph Klausner und Leo Baeck als Stimmen „Im vorstaatlichen
Israel“, Martin Buber, Schalom Ben Chorin, Pinchas Lapide und David Flusser im
Kapitel „Jesus in Israel“, den jüngst verstorbenen Amos Oz als Beispiel für
„Jesus in der israelischen Literatur“, um mit drei kurzen Kapiteln über „Jesus
in der bildenden Kunst“, „Kein Prophet in seinem Land“ und „Messianische
Bewegungen“ zu schließen.
Mir ist kein Buch mit einer solch umfassenden und
weit gespannten Dokumentation einschlägiger jüdischer Äußerungen zum Thema
„Messias“ bekannt. Es sollte zu einem Arbeitsbuch jedes christlichen Theologen
werden, der sich mit diesem Thema befasst – und wer wäre dies nicht!